Tessin geht beim Grenzgänger-Streit auf Konfrontationskurs

Da SRF.CH l Italienische Grenzgänger müssen einen Strafregisterauszug vorweisen, wenn sie im Tessin arbeiten wollen. Mit dieser Vorgabe werde die Personenfreizügigkeit in Europa missachtet, empören sich italienische Politiker. Sie verlangen, dass Brüssel und Bern eingreifen. Das Tessin zeigt sich unbeeindruckt.

Die Kritik aus Italien lässt den Tessiner Regierungspräsidenten Norman Gobbi (Lega) kalt. Die Regelung mit dem Strafregisterauszug ist sein Wahlkampf-Versprechen und soll das Tessin sicherer machen. Gobbi will sich von niemandem reinreden lassen: «Wir sind der Meinung, dass der Grosse Rat und mein Departement Entscheide gefällt haben, die in unseren Kompetenzen liegen – und nicht in denjenigen von Bern oder Brüssel.»

Regierungspräsident Norman Gobbi bleibt beim Beschluss des Grossen Rats und seinem Departement. Keystone
Auf die Frage, ob das Vorlegen eines Strafregisterauszugs diskriminierend sei, antwortet Gobbi: «Diejenigen, die direkt betroffen sind – also Ausländer, die eine B-Bewilligung und einen Grenzgänger-Ausweis beantragen – haben nie Rekurs eingelegt oder ein Verfahren angestrengt.»

«Wir haben keine Angst vor Italien»

Die Grenzgänger wehren sich nicht gegen die einzigartige Regel im Tessin. Für den Regierungspräsidenten Beweis genug, dass die Regel rechtens ist. In den sozialen Medien findet sie tatsächlich kein Widerhall – umso mehr aber bei italienischen Politikern. Einer von ihnen äusserte sich kürzlich, die 60’000 Grenzgänger, die täglich ins Tessin arbeiten gehen, sollten einfach einen Tag zuhause bleiben. So werde man die Tessiner schon in die Knie zwingen.

Eine Drohung, aber in den Ohren von Regierungspräsident Gobbi reine Polemik: «Wir haben keine Angst. Italien ist bereits in einer finanziellen Notlage. Monatlich belaufen sich die Löhne auf etwa 200 Millionen Euro – dieses Geld haben die Region Lombardei und Italien nicht.»

Auch Bundesbern ist düpiert

Aus Sicht des Lega-Politikers ist klar: Die reiche Schweiz, das verhältnismässig reiche Tessin, sitzt am längeren Hebel, weil hier Arbeitsplätze vorhanden sind, die in Italien fehlen. Gobbi betont, er habe keine Angst. Auch nicht von allfälligen Massnahmen des Bundes. Dieser ist gar nicht erfreut über diese eigenwillige Tessiner Sonderregel.

Im Gegenteil: Sie verletze das Personenfreizügigkeits-Abkommen mit der EU und sollte darum eingestellt werden. «Wir stehen mit Bern im Dialog», sagt Gobbi. Der Regierungspräsident macht aber klar, dass das Tessin nicht klein beigeben wird.

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