Di Maio will der Schweiz helfen

Di Maio will der Schweiz helfen

Da www.nzz.ch

Italiens Aussenminister Luigi Di Maio möchte die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU punkto Rahmenabkommen beschleunigen.
Dasselbe gilt für die Unterzeichnung des neuen Grenzgängerabkommens.

Während der Corona-Krise hat die Schweiz dem arg gebeutelten Italien geholfen. Beispielsweise mit der Lieferung dringend benötigter Hygieneartikel, aber auch durch die Regelung, dass italienische Grenzgänger weiterhin ins Tessin zur Arbeit fahren konnten. Dafür ist der italienische Aussenminister Luigi Di Maio der Schweiz sehr dankbar.
Dies bekräftigte er am Dienstag im Südtessiner Dorf Ligornetto, wo er sich mit Bundesrat Ignazio Cassis im idyllisch gelegenen Museo Vela traf.
Seit Montag herrscht wieder der freie Personenverkehr zwischen der Schweiz und der EU. Also auch zwischen dem Tessin und Norditalien – und Di Maio hofft, dass Schweizer Touristen ins Land strömen. Denn Italien will seine Corona-bedingte Wirtschaftsmisere lindern, indem es den Tourismus ankurbelt. Dankbar ist Aussenminister Di Maio auch, dass der Bundesrat früher als geplant die Grenzkontrollen und Einreisebeschränkungen aufgehoben hat.

Beziehungen zur EU stärken
Weil nun die Schweiz ein wichtiger Handelspartner Italiens ist, möchte sich Di Maio erkenntlich zeigen. Er will mehr Bewegung in die Verhandlungen rund um das Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU bringen. Dasselbe soll auch für das neue Grenzgängerabkommen zwischen Italien und der Schweiz gelten. Ein erster Schritt Di Maios wäre, den Kontakt zwischen dem italienischen Finanzminister Roberto Gualtieri und dessen schweizerischem Amtskollegen Ueli Maurer intensivieren zu helfen.
Auch Bundesrat Cassis begrüsst die kürzlich erfolgte Grenzöffnung. Auf diese Weise könnten die Beziehungen zur EU wieder gestärkt werden, erklärte der Magistrat während des Treffens mit Di Maio. Cassis deutete auch die Möglichkeit an, bis September die Verhandlungen zum Rahmenabkommen entscheidend voranzubringen. Ähnliches gelte auch für die neue Version des Grenzgängerabkommens von 1974, deren ausstehende Umsetzung dem Tessin ein Dorn im Auge ist.
Das neu konzipierte Abkommen sieht Folgendes vor: Italien besteuert seine in der Schweiz tätigen «Frontalieri» direkt, was bis jetzt nicht der Fall ist. Dadurch würden die «billigen und willigen» Grenzgänger finanziell stärker belastet, und so könnte der Südkanton für die fast 68 000 italienischen Arbeitspendler weniger attraktiv werden.
Wie Cassis weiter erklärte, müssten die Verhandlungen aus juristischen Gründen auf höchster Staatsebene stattfinden. Den Regionen Lombardei und Tessin könnten diesbezüglich keine Kompetenzen übertragen werden.
Genau das stört den Tessiner Regierungspräsidenten Norman Gobbi. Dieser äusserte am Rande des Aussenministertreffens seine Skepsis. Laut Gobbi wurden immer noch keine verbindlichen Termine genannt, was die Umsetzung des Grenzgängerabkommens anbelangt. Vor fünf Jahren schon wurde das Abkommen paraphiert und von der Schweiz unterzeichnet – doch noch immer fehlt die Unterschrift Italiens.
Das sei ein unhaltbarer Zustand, so Gobbi. Nach seiner Vorstellung soll der Südkanton auch in dieser Sache Impulse geben dürfen, die Bundesbern als verbindlich ansieht. So wie am Anfang der Corona-Krise, als die Kantonsregierung vom Bundesrat die Einführung von Grenzkontrollen gefordert hatte.

Gesundheitliche Bedenken
Zudem ist der Tessiner Regierungspräsident skeptisch, was die Grenzöffnungen betrifft. Die erste Öffnung, die am 3. Juni einseitig durch Italien erfolgt sei, stelle einen unnötigen Alleingang dar und habe rein wirtschaftliche Gründe gehabt, so Gobbi.
Zwar habe sich die einst so prekäre Corona-Situation in Norditalien beruhigt. Doch auch angesichts der zweiten und vollständigen Grenzöffnung ist für Gobbi die Ansteckungsgefahr bei weitem nicht gebannt. Daher könnte sich der Tessiner Regierungspräsident für die Wiedereinführung von Grenzkontrollen starkmachen, sollte die Zahl der Coronavirus-Infizierten beim südlichen Nachbarn wieder zunehmen.